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Suche

Zuhause – Eine lebenslange Suche

  • Autorenbild: jovankaruoss
    jovankaruoss
  • 28. Juli 2022
  • 3 Min. Lesezeit

Zurück im Kleinwalsertal. Zurück in unserer Wohnung. Zurück Zuhause.

Zuhause. Was ist Zuhause? Eine Frage, die mich beschäftigt. Als Kind war für mich immer klar, wo mein Zuhause ist. Klar verknüpft mit dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin. Verknüpft mit meinen Eltern, meinen Geschwistern, meinen Schulfreunden.

Mit 19 bin ich zum ersten Mal ausgezogen. Wurde ich damals nach meinem Zuhause gefragt, war meine Antwort nach wie vor mein Elternhaus. Mir war klar, dass mein WG-Zimmer in Zürich nur vorübergehend mein Zuhause war. Dass ich irgendwann wieder weiterziehen würde.

Bereits ein halbes Jahr später habe ich mein WG-Zimmer in Zürich verlassen und bin für sechs Monate ausgezogen in die grosse weite Welt. Mein Ankerpunkt, mein Zuhause blieb mein Elternhaus. Zurück von der Reise zog ich wieder in mein Kinderzimmer ein, nur um kurze Zeit später wieder auszuziehen. In ein neues Zimmer, ein neues vorübergehendes Zuhause. Das permanente Zuhause blieb mein Elternhaus.

Mit dem Tod meines Vaters erlebte mein Zuhause eine Zäsur. Ohne Eltern im Haus war es nicht mehr mein Elternhaus, nicht mehr mein Zuhause. Aber auch in meinem damaligen WG-Zimmer fühlte ich mich nicht Zuhause. Der Tod meines Vaters hat mir den Boden unter den Füssen weggezogen, mir mein Zuhause geraubt, mich heimatlos gemacht.

Seitdem bin ich auf der Suche nach einem neuen Zuhause. In Berkeley hatte ich das erste Mal wieder eine Ahnung, wie sich ein Zuhause anfühlen könnte. Ich fühlte mich wohl in unserem Haus. Ich fühlte mich wohl in der Nachbarschaft. Ich fühlte mich wohl mit meinem pausierten Berufsleben und genoss die Zeit, die ich für die Kinder und den messy little elephant hatte. Erst nach unserer Rückkehr nach Zürich habe ich gemerkt, wie sehr ich mich in Berkeley wohl gefühlt habe. Wie sehr ich einen Ort vermisste, der mir das Gefühl von Geborgenheit, von Angekommensein vermittelt.

In “Zuhause” beschreibt Daniel Schreiber die Suche nach dem Ort, an dem wir leben wollen. Während früher das Gefühl des Zuhauseseins mit dem konkreten Ort verbunden war, aus dem wir stammen, ist es heute eher mit einem imaginären Ort verknüpft, zu dem wir hinwollen. Nach unserem ersten Aufenthalt in Berkeley verfestigte sich Berkeley als mein imaginärer Ort, zu dem ich zurückkehren wollte.

Gemäss Pico Iyer ist Zuhause inzwischen etwas, das wir uns in einem lebenslangen Prozess suchen und selbst aufbauen müssen: gleichermassen ein realer wie ein innerer, ein spiritueller und ein sozialer Ort, an dem wir uns aus Gründen, die uns nicht einmal bewusst sein müssen, niederlassen.

Unsere Rückkehr nach Berkeley war für mich ein wichtiger Schritt in diesem lebenslangen Prozess. Ich hätte mir gut vorstellen können, mich in Berkeley niederzulassen. Unsere Kinder fühlten sich in Berkeley wohl. Trotzdem wollten alle drei zurück ins Walsertal. Zurück in die Heimat von Johannes. Das Walsertal ist ihr imaginärer Ort, der Ort, an dem sie sich wohl fühlen, in dem sie Zuhause sind.

Meine Suche nach meinem Zuhause geht weiter. Ich nehme Abschied von der Vorstellung, dass mein Zuhause an einen Ort geknüpft ist. Stattdessen begebe ich mich auf die Suche nach meinem inneren Ort, meinem inneren Zuhause. Oder mit den Worten Pico Iyer mache ich mich auf die Suche nach einer Gemeinschaft, einer Familie und einem inneren Einklang mit der Welt. Nach einem Ort, an dem eine Flucht ein Ende findet oder an dem man aufhört wegzulaufen. Nach einem Ort, der die Möglichkeit birgt, bei sich selbst anzukommen.

Empfehlungen zum Thema:

“Zuhause” von Daniel Schreiber, auch als Hörbuch bei Spotify erhältlich, von ihm selbst gelesen.

“Where is home”, TED Talk von Pico Iyer.

“Life for Rent”, ein Song von Dido zum Thema.

 
 
 

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