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Wie ein offener Umgang mit Vergleichen verbinden kann.

  • Autorenbild: jovankaruoss
    jovankaruoss
  • 31. März 2023
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 2. Feb. 2024

Skirennen sind gefährlich.


Am letzten Sonntag war Schulskirennen hier bei uns im Tal. Organisiert vom Elternverein. Dabei wissen doch alle Eltern, wie gefährlich solche Rennen sind.


Nein, wir Eltern fürchten nicht die blauen Flecken, die aus dem Zusammenstoss mit der Stange resultieren könnten, auch Knochenbrüche sind nicht unsere grösste Sorge. Es sind die anderen Kinder, vor denen wir Angst haben. Wenn man in einem Skigebiet wohnt, gibt es viele gute Skifahrer in der Klasse. Unsere Kinder gehören nicht dazu.


Sie sind auch nicht die besten Verlierer.


Entsprechend wird so ein Skirennen zu einem sehr gefährlichen Pflaster, auf welches wir unsere Kinder in den letzten Wochen vorbereitet haben. Nein, nicht etwa durch intensives Stangentraining, sondern durch intensive Gespräche. Gespräche, in denen wir unsere Kinder auf einen Platz auf den hinteren Rängen eingestimmt haben.

Wir haben ihnen erklärt haben, dass einige ihrer Schulgspänli fünfmal in der Woche trainieren. Dass die auch auf der Piste stehen, wenn es regnet, schneit oder eiskalt ist. Und es drum also nicht verwunderlich ist, wenn die viel besser sind.


Kurz, wir haben ihnen erklärt, dass einige ihrer Schulgspänli ausser Konkurrenz fahren.


Unsere Vorbereitung war erfolgreich: Stolz haben unsere Kinder das Feld von hinten angeführt und ihren Trostpreis entgegengenommen. Viel wichtiger als das Siegerpodest war für sie das Dabeisein, die gemeinsame Zeit mit ihren Freunden. Unsere Kinder wussten bereits vor unseren Gesprächen, dass ihre Schulgspänli schneller den Hang runterfahren würden. Sie wussten es, weil sie sich auch ohne Rennen ständig mit ihren Freunden vergleichen.


Einigen Studien zufolge drehen sich bis zu 10 Prozent unserer Gedanken um Vergleiche irgendeiner Art.


Evolutionsbedingt waren Vergleiche für unser Überleben aus verschiedenen Gründen wichtig. Unsere Vorfahren verglichen sich, um ihren Platz in der Hierarchie einzuschätzen und herauszufinden, welche Fähigkeiten, Strategien oder Verhaltensweisen am effektivsten waren, um in der Hierarchie eine Stufe aufzusteigen. Indem sie diese erfolgreichen Ansätze übernahmen und verbesserten, erhöhten sie ihren sozialen Status und damit auch ihre Überlebenschancen.


Heutzutage sind Vergleiche für unser Überleben kaum mehr von Bedeutung.


Im Gegenteil, Vergleiche mit anderen sind oft destruktiv. Sie führen zu einem verminderten Wohlbefinden, schüren Ängste und Selbstzweifel, das Selbstwertgefühl leidet. Das Problem ist, dass wir uns in der Regel nicht vergleichen, wenn wir mit uns und unserem Leben rundum zufrieden sind.


Wir vergleichen uns mit anderen, wenn wir ein wenig verloren und vielleicht auch ein wenig frustriert sind.

 

Insgeheim hoffen wir, dass ein Vergleich mit unseren Mitmenschen uns Orientierung geben könnte. Wie unsere Vorfahren vergleichen wir uns im beruflichen Umfeld, um unseren Platz in der Hierarchie einzuschätzen und unseren sozialen Status zu verbessern. Bloss, wir vergleichen uns eben nicht, wenn wir grad einen beruflichen Höhepunkt erleben.


Folgerichtig führen die Vergleiche uns schmerzlich unsere eigene Unzulänglichkeit vor Augen.


Zum Gefühl der Unzulänglichkeit gesellt sich oft auch das Gefühl des Alleinseins und der Isoliertheit. Die wenigsten vergleichen sich offen mit anderen, die Vergleiche finden im Verborgenen statt. Die Personen, mit denen wir uns vergleichen, wissen selten, dass sie als Messlatte für beruflichen oder privaten Erfolg auserwählt wurden. Wüssten sie davon, wären die meisten wohl sehr erstaunt.

Das Bild, das wir von diesen Personen haben, stimmt selten mit ihrem Selbstbild überein.


Unser Bild von unseren auserwählten Vergleichspersonen ist unvollständig und verfälscht. Unvollständig, weil wir unsere Vergleiche meist auf einen bestimmten Aspekt des Lebens konzentrieren. Diese Reduktion auf einen Aspekt wirkt sich negativ auf unsere Lebenszufriedenheit aus, weil wir eben in der Regel nicht den Aspekt vergleichen, wo bei uns grad alles super läuft.

Verfälscht wird unser Bild, weil wir uns versteckt in unserem stillen Kämmerlein vergleichen.

Der Vergleich in unserem Kämmerlein führt dazu, dass wir vereinsamen und uns selbst um bereichernde Begegnungen mit unseren Mitmenschen bringen. Während die auserwählte Person in einem Bereich in unseren Augen besser dasteht, hadert sie womöglich in anderen Bereichen ihres Lebens. Oder sie nimmt ihren vermeintlichen privaten oder beruflichen Erfolg gar nicht als solchen wahr.


Wir können der Evolution nicht entkommen.


Es wird noch viele Generationen dauern, bis wir uns von diesem Aspekt der Evolution befreit haben und uns nicht mehr ständig vergleichen. Bis dahin können wir uns darin üben, einen bewussten und gesunden Umgang mit Vergleichen zu finden. Wir können uns ein Vorbild an unseren Kindern nehmen und unsere Vergleiche offen austragen. Unsere eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten akzeptieren und mit unseren Mitmenschen teilen. Und dann finden wir vielleicht heraus, dass wir alle Bereiche in unserem Leben haben, mit denen wir nicht so zufrieden sind.


Und vielleicht sind es sogar genau die Bereiche, um die uns andere beneiden.

We’re just humans: flawed and beautiful and longing for love. Susan Cain

 
 
 

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