Verkatert auf der Suche nach dem Weg
- jovankaruoss
- 26. Sept. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Ich fühle mich heute etwas verkatert. Nicht, weil ich gestern zu viel Wein getrunken hätte, sondern weil ich in ein Vergleichskoma gefallen bin.
Ob wir wollen oder nicht, wir vergleichen uns viel zu gerne mit anderen. Die sozialen Medien machen es uns leicht, uns ständig zu vergleichen. Während meine Generation sich auf Facebook und Instagram möglichst vorteilhaft präsentiert, liefern sich die Jugendlichen auf Tiktok Challenges aller Art. Das Ziel ist das Gleiche: möglichst viele Herzli, möglichst viele Follower. Endlich haben wir neben qualitativen auch quantitative Indikatoren, um uns zu vergleichen.
Mein Kater rührt aber nicht von einer ausgiebigen Doomscrollsession, sondern von einem Zoomcall mit ehemaligen Studienfreundinnen. Ohne es zu wollen, bin ich in die Vergleichfalle getappt. Ein Vergleich mit ehemaligen Studienfreunden ist die gefährlichste Falle überhaupt! Vor ein paar Jahren waren wir alle am gleichen Punkt, haben gemeinsam gelernt, haben bestandene Prüfungen gefeiert. Irgendwann haben wir zwar alle unterschiedliche Vertiefungen gewählt, doch alle sind wir an einem ähnlichen Punkt ins Berufsleben gestartet.
Heute, über ein Jahrzehnt später, stehen wir alle an einem unterschiedlichen Punkt unserer Karriere. Einige von uns sind die Karriereleiter bis weit nach oben geklettert, andere haben es sich auf halbem Weg passend eingerichtet. Mit meinem Ausscheiden aus dem formalen Berufsleben bin ich von der Leiter gesprungen. Ich sitze unten, schaue zu den anderen hoch und kämpfe mit meinem Selbstwert. Kämpfe damit, dass ich mich nicht mehr zugehörig fühle.
So sehr ich es auch gehofft habe, mein Sprung von der Leiter war kein Befreiungsschlag. Zurückgeworfen auf mich selbst suche ich meinen Platz in der Gesellschaft. Suche nach alternativen Möglichkeiten, mich zugehörig zu fühlen. Die virtuelle Zusammenkunft hat mir bewusst gemacht, dass Vergleiche nicht dazu geeignet sind.
Das Bild einer einzigen Karriereleiter ist eine Illusion. Wir alle müssen unseren eigenen Weg, unsere eigene Leiter finden.
Disclaimer: das virtuelle Treffen fand bereits letzte Woche statt. Es hat ein wenig gedauert, bis ich meine Gedanken geordnet und zu Papier gebracht habe.
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