Die Magie von Weihnachten
- jovankaruoss
- 16. Dez. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Weihnachten ist, wenn alle Türchen offen sind.
Eifrig habe ich als Kind alle Türchen meines Schokoladenadventskalenders geöffnet und mit schokoverziertem Mund freudig Weihnachten bereits Anfang Dezember verkündet. Nachdem mir das Konzept des Adventskalenders erklärt wurde, verstrichen die Tage bis Weihnachten unendlich langsam. Dafür waren sie voller Magie. Ich liebte den Moment, wenn meine Mutter unser Haus weihnachtlich schmückte, die Adventsbeleuchtung draussen leuchtete und die Kerzen unserer Adventswurzel im Wohnzimmer brannten.
Den Höhepunkt bildete jeweils die spezielle Stimmung an Heiligabend, als das Warten aufs Christkind endlich ein Ende fand.
Mit dem Eintritt in die Pubertät verblasste die Magie von Weihnachten mehr und mehr. Wunschzettel wurden nicht mehr fürs schüchterne Christkind aufs Fenstersims gelegt, die Weihnachtsdekoration verlor ihren Zauber und das gemeinsame Familienessen an Heiligabend wurde nicht mehr sehnsüchtig herbeigesehnt. Als Jugendliche trübte sich der Ausblick auf die Feiertage mehr und mehr.
Zu viel Familie, zu viel schlechtes Fernsehprogramm, zu viel Langeweile.
Dank Netflix und Co. ist das schlechte Fernsehprogramm kein Thema mehr. Die Vorbereitungen für Weihnachten lassen die ohnehin kurzen Tage noch kürzer werden und keine Langeweile aufkommen. Seit ich mit Johannes zusammen bin, feiern wir Weihnachten mit seiner Familie, und meine Geschwister mit ihren Familien und meiner Mutter und ihrem Partner. Von meiner Seite gibt es kein “zu viel Familie” mehr mit meiner Ursprungsfamilie.
Gibt es auch ein zu wenig Familie?
Eine Frage, die mich diesen Herbst vermehrt beschäftigte. Als Kinder verbringen wir sehr viel Zeit mit unseren Geschwistern und Eltern. Einige Geschwister pflegen bis ins hohe Alter einen regen Kontakt zueinander, während andere Geschwister mit dem Auszug aus dem Elternhaus den Kontakt zueinander abbrechen oder einfach verlieren. Zu verschieden die Lebenswege, zu wenig Interesse füreinander, zu wenig Gemeinsamkeiten.
Eine Umfrage in meinem Bekanntenkreis ergab, dass viele keinen regen Kontakt mit den Geschwistern pflegen.
Das hat mich nachdenklich gestimmt. Als Kinder sind wir täglich mit den Geschwistern zusammen, streiten uns, vertragen uns. Viele Eltern wollen ein zweites Kind, weil das Kind nicht alleine aufwachsen soll. Sie möchten, dass sich die Kinder im Erwachsenenleben gegenseitig unterstützen können. Ich selbst habe mit meinen Geschwistern einen losen Kontakt. Die geographische Distanz trägt dazu bei.
Selten weiss ich, wie es meinen Geschwistern geht, was sie umtreibt.
Die vielen Jahre unter dem gleichen Dach scheinen keinen nachhaltigen Einfluss auf unsere Beziehung im Erwachsenenalter gehabt zu haben. Die Beziehung mit den Geschwistern ist in der Regel die längste Beziehung, die wir in unserem Leben haben. Es gibt keine Bezeichnung für eine gescheiterte Geschwisterbeziehung. Kein Ex-Bruder, keine Ex-Schwester.
Selbst wenn Geschwister als Erwachsene wenig oder keinen Kontakt zueinander haben, lebt die Beziehung fort, bleibt eine Verbundenheit.
Viele Erinnerungen an meine Kindheit werden mich immer mit meinen Geschwistern verbinden: Das gemeinsame Warten aufs Christkind. Lametta, das wir übermütig auf unseren ohnehin schon üppig geschmückten Weihnachtsbaum gehängt haben. Aufgehängte Cervelats als Christbaumschmuck für unseren Hund. Vergossene Tränen, weil das Christkind nicht alle unsere Wünsche erfüllte.
Ein Schokoladenadventskalender, der zu früh alle Türchen geöffnet hat.
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