top of page
Suche

Den perfekten Partner gibt es nicht.

  • Autorenbild: jovankaruoss
    jovankaruoss
  • 18. Aug. 2022
  • 3 Min. Lesezeit

Am letzten Montag feierten Johannes und ich unseren 8. Hochzeitstag. Das berüchtigte verflixte 7. Jahr ist überstanden.

Ein Blick in die Scheidungsstatistik zeigt, dass wir die kritische Phase noch vor uns haben. In der Schweiz werden Ehen nach durchschnittlich 15.6 Jahren geschieden, die scheidungswilligen Österreicherinnen und Österreicher haben nach 10.6 Jahren genug vom Eheleben. Mehr als jede dritte Ehe wird geschieden.

Was macht es aus, dass eine Ehe Bestand hat? Der britisch-schweizerische Philosoph Alain de Botton hat vor sechs Jahren einen Essay mit dem Titel “Why You Will Marry The Wrong Person?” für “The New York Times” geschrieben. Der Essay gehört zu den meistgelesenen Artikeln der letzten Jahre. Die Frage nach dem richtigen Lebenspartner treibt uns alle um.

Wir alle suchen nach dem Partner, der uns glücklich macht, der unser Leben vollkommen macht. Menschen, die diese Suche nicht mitmachen oder irgendwann aufgeben, haftet ein unsichtbarer Mangel an. Gemäss dem alleinstehenden Autor Daniel Schreiber wird in unserer Gesellschaft das Alleinleben von Menschen als schambehaftetes Scheitern wahrgenommen.

Nur, fast alle von uns scheitern, nur sehr wenige heiraten ihre erste Jugendliebe und bleiben mit ihr bis zum Tod zusammen. Wieso heiraten wir die falsche Person, gehen wir eine Beziehung mit der falschen Person ein? Dieser Frage ist Alain de Botton in seinem Essay nachgegangen.

Gemäss Alain de Botton ist einer der Hauptgründe für unsere falsche Entscheidung, dass wir uns selbst zu wenig kennen. Wir gehen davon aus, dass ein Leben mit uns einfach ist. Lernen wir eine Person kennen, zeigen wir uns von unserer besten Seite. Und erst mit der Zeit wird unserem Gegenüber bewusst, welche Schwächen wir haben.

Schwächen, denen wir uns selbst nicht einmal bewusst sind. Weil noch nie jemand das Bedürfnis hatte, uns unsere Schwächen in aller Ehrlichkeit mitzuteilen. Unsere Freunde wollen mit uns einen gemütlichen Abend haben, unsere Eltern sind voreingenommen und wollen uns nicht verletzen. Unsere Ex-Partner haben uns unsere Schwächen vielleicht öfter an den Kopf geworfen, doch wir haben lieber weggehört und lautstark auf ihre eigenen Schwächen hingewiesen.

Wir werden auch die falsche Person heiraten, weil wir eine Person suchen, die uns Geborgenheit vermittelt, mit der wir eine ähnliche, uns bekannte Beziehung führen können. Unweigerlich suchen wir eine Person, die uns an unsere ersten Beziehungen im Leben erinnert, an die Beziehung mit unserem Vater, unserer Mutter. Bloss verwechseln wir dabei, dass die Beziehung, die wir mit unseren Eltern hatten, eine andere war als die, die sie untereinander führten.

Als Kinder stossen wir in der Regel auf sehr viel Wohlwollen. Kinder dürfen mürrisch sein, dürfen über die Stränge schlagen, ohne dass wir ihnen gleich unsere Liebe entziehen. In einem schwachen Moment dürfen uns unsere Kinder sogar auch mal ein “Ich hasse dich” an den Kopf werfen. Geknickt werden wir nach Gründen suchen, weshalb unser Kind so heftig reagiert. Es ist müde, hungrig, hatte einen schlechten Tag. Doch wehe unser Partner traut sich in einem sehr schwachen Moment, uns ein “Lass mich doch in Ruhe, geh doch!” an den Kopf zu schreien. Unser Wohlwollen wird sich in Grenzen halten.

Doch genau in diesem Moment zeigt sich unsere Fähigkeit zu lieben. Für Alain de Botton ist lieben letztendlich den Willen aufzubringen, das an der Oberfläche nicht sehr ansprechende Verhalten wohlwollend zu interpretieren, nach gutwilligen Gründen für dieses Verhalten zu suchen. Jemanden zu lieben ist Nachsicht und Grosszügigkeit in der Interpretation aufzubringen. Liebe ist nicht nur Bewunderung für Stärke, es ist auch Toleranz der Schwäche und Anerkennung von Ambivalenz.

Letztendlich ist Alain de Botton überzeugt, dass Liebe eine Fähigkeit ist. Eine Fähigkeit, die erlernt werden muss. Eine Fähigkeit, die unsere Gesellschaft verweigert, als Fähigkeit zu betrachten. Filme vermitteln uns das Bild von der grossen, alles überwältigenden Liebe. Liebe auf den ersten Blick, auf immer und ewig, Happy End. Das Problem ist, dass Filme nur den Anfang einer Liebesbeziehung zeigen, der darauf folgende Alltag mit schmutziger Wäsche, Kindergeschrei und Geschirrstapeln wird nicht gefilmt.

Wir müssen akzeptieren, dass wir die “richtige” Person nicht finden, dafür aber die “Gut-Genug-Person”. Ich möchte mit Johannes alt werden. Und so werde ich mich darin üben, seine Schwächen und Verrücktheiten grosszügig zu akzeptieren. Und dafür dankbar sein, dass er meine Schwächen und Verrücktheiten aushält.

“Natürlich wirst du die falsche Person heiraten und wirst die falschen Entscheidungen in einer Reihe von Bereichen treffen. Und der Grund dafür ist, dass du ein Mensch bist. Deshalb, schelte dich nicht, für was Menschen tun.” Alain de Botton

Empfehlungen zum Thema

Why You Will Marry The Wrong Person“, Artikel in “The New York Times” von Alain de Botton.

Allein“, Buch von Daniel Schreiber.

 
 
 

Comments


  • Facebook
  • Twitter
  • LinkedIn
  • Instagram

Klares Denken
Klares Schreiben

+43 (0) 676 783 97 47 

jovanka.ruoss@gmail.com

Impressum     Datenschutz     AGB

© 2023 Klares Denken, klares Schreiben

Kontakt

Fragen Sie drauflos 

Danke für die Nachricht!

bottom of page