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Alles Gute zum Geburtstag!

  • Autorenbild: jovankaruoss
    jovankaruoss
  • 1. Aug. 2022
  • 3 Min. Lesezeit

1. August 2022. Schweizer Nationalfeiertag. Erinnerungen.

Als Kinder haben wir jeweils Erste-August-Geld gekriegt, mit dem wir uns einige Raketen, Frauenfürze und Knallfrösche kaufen durften. Am Morgen des 1. August hat meine Mutter unseren Garten mit Schweizerfahnen und Lampions geschmückt, durch die ich tagsüber mit meinen Knallfröschen spaziert bin. Am Abend das sehnsüchtige Warten auf die einbrechende Nacht, das Hoffen auf trockenes Wetter, damit ich endlich mein kleines 5-Franken-Raketli mit einem kleinen Knall gen Himmel befördern konnte. 

Die Schweiz aus der Ferne

Seit zwei Jahren lebe ich im Ausland, bin ich offiziell Auslandschweizerin. Als Auslandschweizerin darf ich nach wie vor am politischen Leben teilnehmen, darf die Schweizer Zukunft aus der Ferne mitgestalten. Mit etwas Abstand werden mir die Vorzüge der Schweizer Demokratie und das Verständnis der Schweizerinnen und Schweizer zum Staat bewusst.

Schweizer Unabhängigkeit und Neutralität

Die Schweiz, hervorgegangen aus einem Verteidigungsbündnis, umgeben von Bergen, inmitten von Europa, verteidigt sie seit Jahrhunderten ihre Unabhängigkeit. Eine Unabhängigkeit, die heutzutage einigen zu weit geht, den anderen zu wenig. In den letzten Monaten musste die Schweiz den Spagat zwischen Unabhängigkeit und Zusammenarbeit vermehrt üben, die Grenzen des Neutralitätsgebots ausloten, sie neu definieren.

Angesichts des für mich nach wie vor unfassbaren Kriegs in der Ukraine bin ich erleichtert, dass sich das Neutralitätsverständnis der offiziellen Schweiz gewandelt hat. Während in der Vergangenheit Unrechtsregime und ihre Machthaber sich auf die Kontinuität der Geschäfte mit der neutralen Schweiz verlassen konnten, sieht sich Putin einer neuen Realität gegenüber. Eine Realität, die ihn offenbar dazu bewog, seine teuren Schweizer Uhren gegen russische Fabrikate zu tauschen.

Neben der offiziellen Schweiz haben sich auch Unternehmen vom konservativen Neutralitätsverständnis verabschiedet. Während die strikte Auslegung der Neutralität während des Apartheidregimes wohl entscheidend zum Aufstieg der Schweizer Raffinerien beitrug, beteuern diese Raffinerien nun, dass sie auf russisches Gold verzichten. Als ehemalige Projektmanagerin der Swiss Better Gold Initiative freut mich diese Entwicklung sehr.

Schweizer Staatsverständnis

Während der Pandemie wurde mir das unterschiedliche Verständnis der Bürgerinnen und Bürger zu ihrem Staat bewusst. Die staatlichen Schutzmassnahmen gegen das Virus waren in Österreich sehr ausgeprägt. Es gab verschiedene Arten des Lockdowns und während mehrerer Monate durften wir das Haus ab 20 Uhr nicht mehr verlassen. Ich tat mich schwer mit diesen Massnahmen. Fühlte mich bevormundet und teilweise ohnmächtig gegenüber einem Staat, der meines Erachtens übermässig in meine Persönlichkeitsrechte eingriff.

Ich staunte, wie vergleichsweise unbeeindruckt mein Umfeld die Massnahmen zur Kenntnis nahm. Mir wurde bewusst, dass dies wohl mit einem unterschiedlichen Staatsverständnis zusammenhängt. In meiner Wahrnehmung sind die Schweizer ein freiheitsliebendes Volk, das sich vom Staat nur wo nötig in die privaten Angelegenheiten reinreden lässt. Die Österreicher tendieren dagegen viel eher zu einem sozialistischen Staatsverständnis. Dieses Staatsverständnis führt zu den angenehmen Seiten einer hoch subventionierten Kinderbetreuung und vielen weiteren Sozialleistungen.

Während in der Schweiz bei jeder Massnahme sofort Rufe nach “Wer soll das bezahlen” ertönen, werden in Österreich Massnahmen selten wegen allfälliger Kosten hinterfragt. Bis heute tue ich mich schwer mit diesem Verständnis. Nur weil ich nicht unmittelbar mein Portemonnaie zücken muss, muss ich die Staatsausgaben ja trotzdem mitfinanzieren, möchte Kosten und Nutzen gegeneinander abwägen.

Que tal, Suiza?

Als Zwanzigjährige war ich am 1. August in Puerto Escondido, einem Küstenort am pazifischen Ozean in Mexiko. Gemeinsam mit einer anderen Schweizerin war ich bereits seit einem Monat in Mexiko unterwegs. Fernab der Heimat feierten wir den Geburtstag der Schweiz mit einigen Happy Hours zu viel. Am nächsten Tag erholten wir uns am Strand von der ausschweifenden Geburtstagsfeier. Eine Barkeeperin vom Vorabend weckte uns mit lauter Stimme etwas unsanft aus unserer Siesta: “Que tal Suiza?” Ja, liebe Schweiz, wie geht es dir? 

Alles Gute zum Geburtstag.

 
 
 

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