In Nachbars Garten ist das Gras grüner
- jovankaruoss
- 19. Mai 2021
- 2 Min. Lesezeit
Habt ihr das auch schon bemerkt, dass das Gras in Nachbars Garten immer grüner ist? Was, du hast keinen Garten? Dann hat dein Nachbar definitiv die bessere Aussicht (nämlich dich 😉 ) und sein Kind hat sicher mehr Legos als du je besessen hast!
Manchmal gibt es so Tage und Wochen, wo alles ein wenig grau ist. Die Sonne hat sich schon länger nicht mehr gezeigt, der Himmel weint weisse (!) Tränen und kalt ist es auch. Ein bisschen allgemeine Unzufriedenheit mit der Lebenssituation. Neuerdings soll es ja sogar einen eigenen Begriff dazu geben: Languishing. Die Sonntagszeitung (kostenpflichtiger Artikel) übersetzt den Begriff als stagnieren, ermatten oder vor sich hin dümpeln, als Gefühl von Leere, von Feststecken. Hmmm, ich glaube, ich bin auch ein wenig languished. Momentan habe ich auch das Gefühl, dass ich ein wenig vor mich hin dümple. Nichts geht so recht vorwärts und irgendwie stecke ich so ein bisschen in meinem Leben fest.
War die Entscheidung ins Tal zu ziehen richtig? War es klug, den Job zu kündigen und die Zelte in der Schweiz abzubrechen? Wäre es nicht einfacher, einen Job zu haben und klar zu wissen, was man bis wann zu tun hat und am Ende des Monats regelässig ein paar Batzeli auf dem Konto landen?
Früher als Kind, da hatte ich klare Vorstellungen, wie Erwachsene sind. Also Erwachsene waren natürlich etwas älter, mindestens 18 Jahre alt. In meiner kindlichen Vorstellung wurde man mit Erreichen dieses Alters auf einen Schlag “erwachsen”. Sprich, mit 18 wusste man, wie das Leben läuft und man wusste, was man im Leben machen möchte. Erwachsene wissen alles, und kennen keine Unsicherheiten. Nun, diese Vorstellung hat sich bei mir nicht bewahrheitet. Mit 18 hatte ich nach wie vor wenig Ahnung, was ich denn in meinem Leben alles machen möchte. Also revidierte ich meine Vorstellung: mit 30 oder allerspätestens als Mutter ist man erwachsen und weiss, was man im Leben möchte. Aber auch da wurde ich wieder enttäuscht.
Und so sitze ich hier als 40jährige Mutter und weiss immer noch nicht, wie das Leben läuft. Weiss immer noch nicht, was ich denn genau möchte. Und so beneide ich halt ein wenig Nachbars Gras im Garten. Beneide die Familien, die schon bei Familiengründung wussten, wo sie geographisch leben möchten. Beneide die Leute, die schon immer eine klare Vorstellung ihres Traumjobs hatten und diesem nun erfüllt nachgehen. Beneide meine kinderlosen Freundinnen, die jedes Wochenende zur freien Verfügung haben.
Und natürlich weiss ich, dass auch dies eine Illusion ist. Man will immer das, was man grad nicht hat… Und wenn ich ehrlich bin, war ich bei unserer Familiengründung noch lange nicht bereit, mich geographisch auf einen Ort festzulegen. Mein Traumjob als Kind war Serviertochter (ja, das hiess damals noch so!). Hmmm, ich glaube, das wäre auch nicht ganz meine Erfüllung gewesen. Und ich liebe meine Kinder, aber ab und zu ein bisschen kinderlose Zeit geniesse ich auch sehr. Hmmm, ist das Gras in Nachbars Garten doch nicht grüner? Doch, bei uns stimmt das leider wirklich, wie ihr unschwer auf dem Bild erkennen könnt!
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